Close-Up View
Martin Veigl
27.04.2023 - 08.09.2023
WERKE
Der in Österreich und in den Niederlanden ausgebildete Martin Veigl zählt eindrucksvoll zu diesen neuen Gegenständlichen der zeitgenössischen Malerei. Er hat die Kontroverse von Fotografie und bildender Kunst hinter sich gelassen und setzt den fotografisch festgehaltenen fruchtbaren Moment in eine formaffine und farbig dynamisierte Bildmitteilung um. Er hält in unmittelbarer Nahsicht Personen in Ereignis-Kommunikation fest. Sie treffen sich wie zufällig auf dem Bildträger und werden, frei von Inszenierung, zu wirkungsvollen Protagonist*innen, die die Betrachtenden in ihren Bann ziehen. Letztere können sich zwanglos miteinfinden. Spannung und inhaltliche Öffnung wird dadurch erzeugt, dass das Ereignis außerhalb der Bildfläche bleibt. Wir sehen also nur die Reaktionen, nicht deren Ursache. Somit ist nicht alles festgeschrieben. Das Gesehene darf weitergedacht werden. Oft wenden sich die sehr direkt charakterisierten Menschen ab, tragen schützende Sonnenbrillen und agieren untereinander. Sie liefern keine gewollten Posen ab, machen uns nichts vor. Sie erscheinen, wie sie sind. Ferner agieren sie dreidimensional in nebulosen Farbflächen, die Raum-Züge in sich tragen. Mit ihnen gewinnen zwischen den gegenständlich konkretisierten Bildbereichen formsprengende gestische Pinselstriche an Terrain – ein Gestaltungskriterium, das die form in progress durch die Bipolarität von geschlossener und offener Form anspricht. Sie ist dem beschleunigenden Wandel geschuldet.
Veigl zoomt in diesem Kontrastprogramm besonders Arme und Hände heran, die in mancher Position große kunstgeschichtliche Vorbilder umbauen. Ein intensiver Blick Veigls fällt dabei auf die Haut der meist sommerlich gekleideten Personen. Sie glänzt an erhabenen Stellen im sonnigen Bildlicht, das von ihr weiterwandert auf Haarsträhnen und Kleider, bis sich helle Spektralfarben zu den oben angesprochenen ausbrechenden Farbströmen verselbstständigen.
Die inhaltlich und formal aufgeladenen Bildkompositionen monumentalisieren sich durch ihre Unmittelbarkeit und vertreten mit gezielt gewählten Alltagsszenen als Gegenwartsbezug ein Interagieren von gestalteter Form und autonomer Farbe, die miteinander und gegeneinander antreten und gemeinsam auf subtile Weise Originalität regenerieren.
Margit Stadlober