Alfons Pressnitz | Stefan Wirnsperger
Close Viewing Distance
Close Viewing und Viewing Distance – so lässt sich die Klammer bezeichnen, um die gegensätzlichen Arbeiten von Alfons Pressnitz und Stefan Wirnsperger zusammenzuführen: kleine und große Welt, Privatsphäre und Öffentlichkeit, Persönliches und Kollektives, die Welt des Zimmers und die Welt der Stadt. Die Nahsicht auf Gegenstände und Räume steht der Sicht auf architektonische Strukturen gegenüber.
Mit seinem Blick auf eine stilllebenhaft erfasste Realität hat Alfons Pressnitz regelmäßig das Verstörende im scheinbar Vertrauten aufgesucht und ausgelotet. In seinen neuesten Papierschnitten inszeniert er ein scheinbar beunruhigendes Privattheater. Ein virtuoses Verwirrspiel mit dem Orientierungssinn beginnt: Das Auge wird gezwungen, sich schrittweise durch ein Chaos vorzutasten, als fürchte es die Kollision mit einem im Halbdunkel verborgenen Objekt. Eine für sich genommen banale Dingwelt wird nicht etwa vorgeführt, um eine ungeordnet wirkende Privatsphäre zu enthüllen. In undurchdringliches Schwarz getaucht, verliert sich alles im Ungefähren, ein paar Dinge werden in ebenso scharf wie bewegt konturierte Umrissfolien eingezeichnet und in ihrem physischen Vorhandensein mehr angedeutet als hervorgehoben. Ein Gefühl des nicht mehr Greifbaren, nicht mehr Vertrauten kommt auf und lässt unbefangene Nähe nicht mehr zu.
Anders als bei Alfons Pressnitz gibt es bei Stefan Wirnsperger ein optisches Überangebot an Konturen und Linien, Flächen und scharfkantigen Volumina. Was nicht heißt, dass die überaus harte Gegenständlichkeit dem um Orientierung bemühten Auge die Arbeit leichter machte. Niemand muss sich hier durch ein mystisches, allerlei Überraschungen bergendes Dunkel tasten. Wie unter gleißendem, kalten Licht soll die Lektüre einer Dingrealität fortgesetzt werden, die von nahezu erbarmungsloser physischer Präsenz ist. Fiktive Stadtlandschaften breiten sich aus, die an den Wildwuchs lateinamerikanischer Metropolen erinnern. Kein Wunder: Der Maler ist mit Mentalität und Klima Mexikos vertraut, was zugleich bedeutet, dass jener klassische Sehnsuchtsfaktor außer Kraft gesetzt ist, der hierzulande gerne mit der Macht des Lichts in warmen Zonen verbunden wird. Von „südlicher“ Heimeligkeit keine Spur. Urbane Strukturen, die nur noch Strukturen sind, aber keine gesicherten Lebensräume bilden. „Wer mag hier überleben, wenn nicht mit aller Härte?“, mag man fragen, sich die Alltagsrealität Lateinamerikas vor Augen haltend. Aber um Feldforschung, um die Auslotung von Milieus geht es hier nicht. Allein das Auge bleibt herausgefordert: Kunst ist Exploration.
Ulrich Becker
WERKE: ALFONS PRESSNITZ
ALFONS PRESSNITZ
www.alfonspressnitz.de
geboren 1982 in Wagna (A), lebt und arbeitet in Berlin (D).
Ausbildung
2002-2007 Universität für angewandte Kunst Wien (Johanna Kandl, Adolf Frohner)
2005-2006 Kunstakademie Düsseldorf (Herbert Brandl)
1997-2002 HTBLVA Ortweinschule für Kunst und Design Graz
Stipendien und Preise
2015 Atelierstipendium des Bundeskanzleramtes in Rom
2010 Stipendium der Anni and Heinrich Sussmann Stiftung
2008 Anerkennungspreis: AntonFaistauerPreis für Malerei
Ausstellungen
2018
25 Visionen, Galerie Gerers dorfer, Wien; Show, Galerie Schnitzler und Lindsberger, Graz; three 4 four, Charim Events Charim Galerie, Wien; Licht, Luft, Sonne … Kunst! Initiative Kunstverleih, Kunsthaus Graz
2017
Galerie M, Galerie Z, Kunstverein zur Förderun der Zeichnung, Hard; Flower, Power — Vegetation in der Kunst, Artemons Contemporary, Hellmonsödt; Der kühle Glanz der Sehnsucht gegen den flüchtigen Moment der Zeit, 68projects, Berlin; Bildmodelle, Stadtgalerie Czernowitz und Literarisches Museum Odessa (solo); Landpartie, Galerie Gerersdorfer, Wien
2016
AWAY exhibit — Stories from Abroad, ehemaliges Post
und Telegraphenamt, Wien; Parallel Vienna mit Galerie Charim, Wien; Disparate, Pavillon am Milchhof, Berlin; Paperworks III, Galerie Gerersdorfer, Wien; Frühlingsgefühle, Favorites in Favoriten, Wien
WERKE: STEFAN WIRNSPERGER
STEFAN WIRNSPERGER
www.stefanwirnsperger.net
geboren 1985 in Tamsweg (A), lebt und arbeitet in Wien (A).
Ausbildung
Seit 2018, 2013 — 2015 Universitätsassistent (Universität für angewandte Kunst Wien)
2011 Diplom Malerei (Universität für angewandte Kunst Wien)
Stipendien und Preise
2017 Auslandsatelier Cité Internaional des Arts Paris, Bundesland Salzburg
2016 Latium Film Festival: Best Fictional Short Movie; Austrian American Short Film Festival: Best Documentary
2015 Estancias para la Creación Artística. Beca de Excelencia
de los Programas Especiales
del Gobierno de México para Extranjeros, Mexico City
2014 Jahresstipendium für
Bildende Kunst Land Salzburg; Projektstipendium des Österreichischen Kulturforums Mexiko und der Universität
für angewandte Kunst Wien
2013 Auslandsatelier Mexico City, Bundesland Salzburg
2012 Sofie and Emanuel Fohn Stipendium
Ausstellungen
2018
Parallel, Wien (AT); Pirol, Kaeshmaesh, Wien (AT); Les Souffleurs, Cité International des Arts, Paris (FR); Nutzungs erweiterung für die Sankt Michaelskirche; WochenKlausur, Köln (DE)
2017
Von (Nicht-)Orten und zufälligen Begegnungen. Galerie 5020, Salzburg (AT); Elemental Quest. Die Labile Botschaft, Wien (AT); Another History. Kunstlitfaßsäule FranzJosefKai, Salzburg (AT); An Ideal City that Complicates the Real One, Espectro Elector magnético, Mexico City (MX); Ciudad, presencia de todos nuestros olvidos, GAMA 1⁄4, FAD UNAM, Mexico City (MX)
2016
Latium Film Festival, Mexico City (MX); mitgebracht II, Galerie im Traklhaus, Salzburg (AT); Graphic Design Festival, Glasgow (GB); Mextropoli Cine, Mexico City (MX); Austrian American Short Film Festival, Austrian Cultural Forum New York (US); Under The Radar, Metro Kinokulturhaus, Vienna (AT); frame[o]ut Open Air Filmfestival, MuseumsQuartier, Vienna (AT); Neugestaltung eines Flüchtlingsheims, Wochen klausur, SideShow, Gislaved (SE)
2015
Oftalmica Cine Festival of Independent Film, Xalapa (MX); Endlosschleife (mit oellinger/ rainer) — Hödlmoser Studio, Fortress Hohensalzburg (AT); 100 — Galerie im Traklhaus, Salzburg (AT)
2014
Tito Andrónico Camino Verde — Art vs. Violence. Depot Wien (AT); Tito Andrónico Camino Verde. CEART Tijuana (MX); Franz Graf — Siehe was dich sieht, 21er Haus, Wien (AT)
2013
Vorschlag für eine Geheim- sprache. Mauve, Vienna(AT); Geboren in/Nacido en. MASC Foundation, Vienna (AT)
2012
European Glass Context 2012, Grønbechs Gaard, Bornholm (DK); 8stunden27. Gleishalle am Güterbahnhof, Bremen (DE); Open Call for a Collective. Periscope, Salzburg (AT)
2011
Punktum. Austrian Cultural Forum, Istanbul (TK);
Die endlose und-Reihe. k/haus passage, Vienna (AT); Bleach. Bildetage, Vienna (AT)
Ausstellungen/ Projekte/ Soundperformances (Auswahl)
Fundacao Calouste Gulbenkian, Lissabon (PT),
Centro Provincial de Artes Plásticas y Diseño, Habana (CUB)
steirischer herbst, Graz
Kunstverein Arnsberg (DE)
Bruce Castle Museum, London (GB)
Kunsthalle Exnergasse, Wien
free manifesta, Frankfurt/Main (DE)
Neue Galerie Graz
POST Gallery, Los Angeles (US) raum, Bologna (IT)Stift Admont
Genia Schreiber University Art Gallery, Tel Aviv (IL)
Neue Sächsische Galerie, Chemnitz (DE)
Kunstverein Villa Rot, Burgrieden (DE)
Südtiroler Kulturinstitut, Bozen (IT)
Kunstverein Ingolstadt (DE)
MASS MoCA, North Adams, Massachusetts (US)
Kallmann-Museum, Ismaning (DE)
Kulturzentrum Minoriten, Graz
Forum Stadtpark, Graz
Galerie hanfweihnacht, Frankfurt/ Main (DE)
Kunsthalle Kiel (DE)
Espace Beaumont (LU)
Winzavod – Center for Contemporary Art, Moskau (RU)
Galerie im Taxispalais, Innsbruck Christine König Galerie, Wien
Netwerk, Aalst (BE)
Kunsthalle Wien
Salzburger Kunstverein Stadtgalerie Saarbrücken (DE)
Künstlerhaus – Halle für Kunst & Medien, Graz
Galerie Krome, Berlin (DE)
OÖ Kulturquartier, Linz
Museum Folkwang, Essen (DE)